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„Ich will dir ein bisschen weh tun!“

Kunst- und Kulturfest in unserem Ort! Dass ich da hin muss, ist ja selbstverständlich. Ich bummelte durch die Gassen, sah mir Stände und Werkarbeiten an, ganz für mich, niemand hetzte mich oder machte mir etwas madig. Es war klasse, einzigartig, nette Gespräche, ein Lächeln hierhin, einen Kaffee dort, auch mal ein Pröbchen von leckerem Wein … guter Tag! Dann, ja dann sah ich Corinna!
Verflixt, bevor ich irgendwohin ausweichen konnte, erkannte sie mich!
>Na gut, dann so es eben sein!< dachte ich und schlenderte zu ihr.

„Hi … Schnepfe!“ begrüßte ich sie eisig und zeigte mein bestes Lächeln.
„Hallo … Dreckstück!“ kam als Antwort, gleichfalls mit einem süssen Lächeln. Unschlüssig standen wir voreinander.
Corinna verschränkte die Arme unter der Brust und schaute scheinbar interessiert zu einem Schmuckstand. Sie kam mir etwas näher.
„Haste Bock auf ein … Gespräch?“ sagte sie im Plauderton. Ich strich mein Haar aus dem Gesicht.

„Mit DIR ’spreche‘ ich doch immer gern!“ gab ich zurück. Wir maßen uns abschätzig mit angewiderten Blicken. Als wir uns genügend mit Blicken getötet haben, drehte sich Corinna um und ging. Sie blickte über die Schulter zurück und nickte mir zu, ich solle ihr folgen. Oh, dazu konnte ich nicht nein sagen, einmal, weil es mir Lust bereitete, ihr weh zu tun, wo wir uns auch trafen, selbst wenn wir uns nur ganz kurz und heimlich in einem Geschäft ins Gesicht spuckten oder kniffen, zum anderen, um nicht als Feigling dazustehen.

Wir gingen eine Weile durch die Gassen, die Passanten und Stände wurden weniger, bis wir ganz alleine waren. Corinna reichte das nicht. Sie bog in eine schmale Gasse ein, einen Grasweg zwischen der alten Stadtmauer und einer langen Häuserzeile, meist Scheunen und fensterlose Fassaden. An einer alten Tür, durch die niemand mehr ging, blieb sie stehen und grinste mich herausfordernd an. Ich stellte mich nah vor sie hin und lächelte spöttisch.

„Ok, Schätzchen! Wie hättest du es gern?“ fragte ich und wiegte mich in der Hüfte.
„Ach Süße, weißte“ antwortete sie, „heute steht mir der Sinn danach, dir die Haare auszureißen!“ Blitzartig sprang sie auf mich zu und krallte eine Hand in mein langes Haar. Sie zog derart kräftig, dass sie meinen Kopf zur Seite bog! Ich war nicht faul! Sofort lag ihr Haar in meiner einen Hand, mit der anderen griff ich an ihren Kragen.

Wir rangen lange so auf einem Fleck, zerrten uns an unserer herrlichen Haarpracht, keuchten und stöhnten vor Schmerz. Sie wußte genau, wie ich es hasste, einen hairpulling fight durchstehen zu müssen. Mir tat die Kopfhaut weh! Es machte mich rasend! Ich schlug ihr ins Gesicht, boxte sie gegen den Kopf! Natürlich bekam ich gleiches zurück. Dann zogen wir noch kräftiger! Verdammt, dieser Schmerz! Ich zerrte sie an ihrem Mantel herum, sie ließ nicht locker! Na, ich aber auch nicht! Wir beschimpften und provozierten uns, aber keine von uns änderte die Strategie.

Gelegentlich ohrfeigten wir uns, knitschten und kniffen uns in die Gesichter, schlugen uns auf die Köpfe, es war auf Dauer unbefriedigend für mich. Wir kamen zu keinem Ergebnis, außer, dass wir beide uns in dieser Gasse elendig Schmerzen zufügten.

Mir langte es, ich griff an! Ich drückte sie gegen eine Mauer und schlang meine Hände um ihren Hals, sie versuchte, mich wegzudrücken.
„Du Aas!“ krächzte sie. Sie war raffiniert! Sie zog gleichzeitig mein Haar zu sich ran und drängte mich von sich weg! Ich ließ von ihr ab.

Verschnaufpause! Schwer atmend ordneten wir unsere Frisuren. Meine Kopfhaut brannte heiß! >Schit! Das zahl ich dir heim!< dachte ich.
Mit gespreizten Händen und einem Aufschrei ging ich auf sie los und schleuderte sie am Mantel herum, sie war aber nicht auf einen Ringkampf mit mir aus. Wieder spürte ich eine Hand in meinen Haaren, wieder griff ich reflexartig in ihres, aber diesmal riss ich ihr dabei den Mantel auf. Klasse! Sie trug eine Tunika aus leichtem Stoff! Ich langte in den Ausschnitt und dehnte den Stoff, bis er mit einem für mich schönen Geräusch riss.

Wütend schrie meine Gegnerin auf! Corinna fetzte mit einem Ruck den Reißverschluss meiner Jacke auf! Fuck! Eine Hand in meinem Haar – sie wickelte gerade mehrere Strähnen um ihre gierigen Eigner – attackierte sie mein schönstes Top! Oh Kacke, ich konnte ja nicht ahnen, auf Corinna zu stoßen! Natürlich war dieses schöne Stück einem Kampf nicht gewachsen, aber dafür suchte ich an ihrem Mantel nach Schwachstellen. Ratsch! Eine ihrer Taschen hing zur Hälfte weg! Immer noch eng an eng wühlten wir uns mit beiden Händen in den Haaren herum, ich stieß abwechselnd ein Knie in ihren Bauch, trat ihr an die Beine – klar, dass ich mit ihren Antworten leben mußte! Wir wirbelten uns an den Haaren und Jacken herum.

Sie grapschte nach allem, was irgendwie zerreißbar war, auch ich tat es ihr gleich, ich bekam ihren Rock zu fassen und zerrte ihn hoch, Haha! Der eignete sich zum hübsch und adrett flanieren, aber nicht für eine Prügelei mit Martina!
Sie war so zornig über den kaputten Rock, dass sie mir rechts und links ins Gesicht schlug, mir einen üblen Treffer in die Magengrube versetzte und mich, bevor ich zusammenklappte, an den Haaren hochzog.

Mir reichte es endgültig! Meine Fingernägel drangen in ihre Wange ein und rissen ihr von oben nach unten hässliche Striemen ins Fleisch! Sie schrie hell auf und hielt wimmernd die Hände an die blutenden Stellen.
„Wir sehen uns wieder!“ schrie sie mich an und wankte eilig davon. Jetzt klappte ich wirklich zusammen, auf den Knien saß ich tief durchatmend mit geschlossenen Augen da und lauschte den gemein pochenden Schmerzen in meinem Körper.

Tinchen & Jo 2017.


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